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Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 444 mal aufgerufen
 sonstiges zum Thema Fußball
Stiepel-Arne Offline




Beiträge: 963

02.07.2008 10:27
Fußball-gucken mit Herrn S. Antworten

... was man alles im Internet findet:

Die Schneider-Brüder haben recht: Langsam nervt es. Das „Schland“-Volk mit seinem schwarz-rot-geilen „Super-Deutschland“-Gesängen, Fahnen aus Fingerfarbe auf der Wange und null Ahnung von Fußball. Der Konsum des Halbfinalspiels in Bochum war jedenfalls eine einzige Katastrophe. Hauptschuld daran waren immer dieselben Sprüche, Beleidigungen gegenüber Nationalspielern, Bierduschen und dauergrinsende Zuschauer, die mir den Genuss am Sieg geraubt haben. Ein Erlebnisbericht aus dem (eigentlich sehr schönen, aber diesmal viel zu vollen) Freibeuter.

Bis auf den letzten Platz war das Bochumer Bermudadreieck ausgebucht. Das Spiel beginnt. Nach zögerlichem Beginn der deutschen Mannschaft, rennt plötzlich Bastian Schweinsteiger nach vorne. Von links höre ich „Lauf, Forrest, lauf“. Hmm, denke ich, dieser Stadion-Spruch ist doch seit der Abwahl von Helmut Kohl unmodern. Naja, lass ihm seinen Spaß.
Plötzlich steht es 1:0 für die Türken. „Du bist doch ein Torwart, Lehmann. Das ist ja lächerlich“, ruft jemamd von links. Empörung, die einem sofortigen Grinsen weicht. Es ist ja dann doch immer alles witzig und lustig. Ein Gesang wird angestimmt, bei dem ich den Namen „Kahn“ ausmache. Von nun an ist Jens Lehmann Objekt des Hasses. Die tumben Abwehrfehler vor dem 0:1 hat der Experte zur Linken anscheinend nicht erkannt.
Vier Minuten später rennt Poldi über links. „Lauf, Forrest, lauf“, höre ich. Schweinsteiger netzt ein. Ich freue mich eine Millisekunde, da spüre ich schon das Bier im Rücken. Der Stehtisch wurde anscheinend so lange bearbeitet, bis die Gläser umfielen. Zum Glück nicht unsere Gläser, die Jungs haben ihr eigenes Bier umgehauen. Genervt hat es trotzdem.
In der Folgezeit wird immer wieder das komische „Kahn“-Lied angestimmt. Es wird sich empört, direkt darauf gegrinst. So langsam rede ich mir ein, dass es sich um Bayernfans handeln muss. Um die typischen auswärtigen Bayernfans, die nur des Erfolges wegen auf der Seite des Deutschen Meisters stehen. Ob meine Vermutung stimmt? Keine Ahnung.
In der zweiten Halbzeit läuft es etwas besser für die Deutschen. Sie greifen an. „Lauf. Forrest, lauf“, hallt es mir von links ins Ohr. Und dann, als Schweinsteiger einen Ball einen Meter von ihm entfernt erwischen will: „Lauf, Forrest, lauf“. Passt anscheinend immer, der Spruch. Und langsam wird mir klar, dass ich „Forrest Gump“ nicht nur aus filmdramatischen Gründen ziemlich doof finde.
Das Bild fällt aus. Der Wirt reagiert geistesgegenwärtig und spielt Song 2 von Blur. „Uuh, uuh“, schreit der ganze Saal. Links neben mir werden sie das Lied zwar wahrscheinlich kennen, aber bei der Frage, in welchem Stadion das denn bei einem Tor gespielt wird, werden die beiden wahrscheinlich passen müssen. Ich frage nicht danach. Denn ich bin nur froh, dass Forrest nun nicht mehr laufen soll. Bela Rethy kommentiert im Radiostil. Eine Wohltat.
Dann ist das Bild plötzlich wieder da. „Lauf, Forrest, lauf“. Nichts passiert. Die Türken im Angriff. Und plötzlich habe ich den Beweis, dass es sich tatsächlich um Bayernfans handelt. Und gleichzeitig liefern die beiden den Nachweis, dass sie offensichtlich ziemlich lange nicht mehr im Stadion ihren Verein verfolgt haben. Sie stimmen ein „Sammy Kuffour, allez“ an. Ich verkneife mir den Hinweis, dass der schon länger nicht mehr bei den Bajuwaren kickt.
Dann fällt das Bild wieder aus. Plötzlich ist es wieder da. „Lauf, Forrest, lauf“. Ich sage in meine Runde, dass ich gleich kotzen muss, wenn ich das noch einmal höre. Ich bekomme Zustimmung. Ich bin anscheinend nicht der einzige, der genervt ist.
Dann Flanke, Klose steigt zum Kopfball hoch. 2:1. Anstatt Jubel achte ich jetzt nur darauf, nicht mit Bier voll gerotzt zu werden. Gleichzeitig will ich sehen, was zur Linken so getrieben wird. Ich schaue nach links. Völlig entrückt wuchtet jemand seinen tapsigen 1,92 Meter-Körper in die Höhe, wobei er engumschlungen mit seinem Kumpel, durch die Luft springt und dabei versucht, im Pogostil den eigenen Stehtisch zu erwischen. Das gelingt ihm. Er schaut nach hinten, da ist noch ein Stehtisch. Er springt wieder hoch und wuchtet sich in die Menge Mädels vor dem Stehtisch. Ein leichtes, die etwa 18-jährigen weiblichen Teilzeitfußballschauer gegen den Tisch zu donnern und damit Bier umzustoßen. Um die geplante Extase nicht zu offensichtlich zu machen, hält er noch ein leeres Glas fest, die vollen fallen um. Bier muss ja fliegen beim Torerfolg. Das gehört ja zum Fußball dazu. Die Mädels schauen nur verwirrt.
Es wird gefeiert am Nebentisch. „Finale, ohoh“. Und „Schland“-Gebrülle. Mir kommt endgültig das Bier wieder hoch. Und dann greifen die Türken an. Mittelmäßige Abwehr. „Der Lell hätte das besser gemacht“. „Genau, der Lell“, höre ich. Und dann einen sogar sehr guten Spruch: “Der hätte den Ball geschlagen. Oder seine Freundin.” Sarkastisch, witzig.
Plötzlich 2:2. Und wieder ist Lehmann der Buhmann. Dass sich Philipp Lahm den Ball wie ein D-Jugendlicher hat abjagen lassen, haben die Bayern-Experten mal wieder übersehen. Aber stattdessen erkenne ich nun das Liedgut. Nicht „Kahn“ wird gefordert, sondern René Adler. Ein Song über René Adler. Naja, Bayer ist ja irgendwie auch Bayern. Nach dem 3:2 bin ich erleichtert. Nicht über den Sieg, der ist mir zu dem Zeitpunkt fast egal, sondern einfach wegen der Tatsache, dass ich das Gesamtspektakel in Bochum nicht länger ertragen muss.
Es wird Zeit, dass diese EM beendet wird. Am Anfang fand ich es noch gut, dass sich alle für Fußball interessieren. Nun nervt es nur noch. Ich will mir meinen Sport, der mir mehr schlechte als gute Laune bringt, den ich aber trotzdem auf keinen Fall missen will, nicht von irgendwelchen Teilzeit-Zuschauern und Erfolgsfans, die auch bei 0:5 noch feiern, nehmen lassen. Ich will wieder schief angeguckt werden, dass ich jede Woche Bundesliga schaue und mich über das schlechte Spiel meiner Mannschaft ärgere. Und zwar von denen, die heute laut „Poldiiiii“ schreien, ohne zu wissen, wo der eigentlich sein üppiges Monatsgehalt verdient. Ich möchte, dass sich wieder nur ein Teil der Bevölkerung für Fußball interessiert, und zwar nicht aus dem Grund, weil es da ordentlich was zu feiern gibt, sondern weil sie ihrem Verein huldigen, in guten, wie in schlechten Phasen. Kurz: Ich will mein Fußball wieder zurück.

mira76 Offline



Beiträge: 259

02.07.2008 11:51
#2 RE: Fußball-gucken mit Herrn S. Antworten

Arne ist beim Fussball gucken beobachtet worden.....und diese Studie wurde auch noch im Internet veröffentlicht....sehr interessant....

haste wenigstens vorher angesagt..."mit,"oder "ohne schubsen"?

Stiepel-Arne Offline




Beiträge: 963

02.07.2008 13:30
#3 RE: Fußball-gucken mit Herrn S. Antworten

natürlich "0hne schubsen", war doch nicht im Stadion!
warum der Autor in einem provollen jubelnden Laden gerade mich als Urheber einer Schubserei nach einem deutschen Tor identifiziert bleibt mir schleierhaft ... aber ich bin ja auch ein ahnungsloser Erfolgsfan, der seit Ewigkeiten nicht mehr im Stadion war.

Stan Offline




Beiträge: 537

02.07.2008 23:22
#4 RE: Fußball-gucken mit Herrn S. Antworten

@Arne

Wie peinlich - 18-jährige Mädchen besprungen und vollgespritzt!

Dulce et decorum est, pro bavaria mori!

Stiepel-Arne Offline




Beiträge: 963

03.07.2008 11:51
#5 RE: Fußball-gucken mit Herrn S. Antworten

hau hau hau, ich sach Dir!

... wenn´s wenigstens so gewesen wär!

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